5. November 2017

Meckerecke: Hexerjagd mit dem Bumerang

Schadenfreude ist invertierter Neid und wie dieser eine wenig achtbare Gemütsregung. Deshalb sollte es Konservativen und Liberalen keine klammheimliche Freude bereiten, dass die jüngste Sexismus-Säuberungsaktion mit Harvey Weinstein, Kevin Spacey und nun auch Peter Pilz linke Männer aus Kultur und Staat zur Strecke gebracht hat.

Bezüglich des österreichischen Politikers fällt es aufgrund des Zeitpunktes der Enthüllung und der Umstände der entsprechenden Causa äußerst schwer, keine gezielte Aktion der Grünen zur Demontage ihres Apostaten zu vermuten. Pilz hatte nämlich mit seiner ehemaligen Mitarbeiterin eine einvernehmliche Regelung unter Vereinbarung des Stillschweigens getroffen, wobei der Wunsch nach Diskretion nicht einer Vertuschungsbemühung des 63-Jährigen, sondern den Forderungen der an der Übereinkunft beteiligten Frau entsprungen sein soll. Heuchlerische Vorwände, wonach mit der Aufdeckung der Angelegenheit dem Opfer Genüge getan oder ein Bewusstsein für das Ausmaß des Problems geschaffen werden sollte, wären so wenig glaubhaft, dass sie - soweit ersichtlich - in halbwegs ernsthaften Publikationen noch nicht einmal zum Vortrag gelangten.
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Als undichte Stelle werden - wie dies Michael Jungwirth in einem Blogbeitrag für die Kleine Zeitung referiert - entweder die Reihen der ehemaligen grünen Nationalratsabgeordneten und deren Mitarbeiter vermutet, die sich an Pilz dafür rächen wollten, dass sie nach ihrem Auszug aus dem Hohen Haus auf den knallharten kapitalistischen Arbeitsmarkt geworfen sind, oder aber der Wiener Verband der Partei, der einen so aussichtsreichen wie lästigen Konkurrenten für die 2020 stattfindenden Landtags- und Gemeinderatswahlen in der Bundeshauptstadt loszuwerden trachte.

Wenn auch Schadenfreude über Pilz' Erledigung einerseits nicht angebracht ist, so muss einem das vom feministischen Femegericht verurteilte Gründungsmitglied der österreichischen Grünen andererseits nicht leidtun. Denn Pilz hat durchaus - und sei es nur durch Dulden und Unterlassen - Anteil am Entstehen des gegenwärtigen Denunziationsklimas, in dem sich Multiplikatoren-Frauen wie die (laut Eigenangabe) Theaterkritikerin, Koluministin und Gelehrte Kate Maltby nicht entblöden, einem Politiker, von diesem übrigens bestritten, "eine flüchtige Hand an meinem Knie - so kurz, dass man es fast hätte leugnen können" und eine wiewohl offensichtlich von erotischem Interesse getragene, aber doch sehr gentlemanlike formulierte SMS als sexistische Übergriffe vorzuwerfen.

Das Volk, der große Lümmel, scheint mit diesem kulturlinken Puritanismus, diesem larmoyanten Tugendfuror weit weniger anfangen zu können, als dies von den Taktgebern aus der "labernden Klasse" (wie der geschätzte Werwohlf die angesprochenen Kreise so zutreffend nennt) gebilligt wird. Der linke Standard sieht sich schon genötigt, einen Userkommentar in die Schlacht zu schicken, der zur Linientreue mahnt. Es geht ja auch tatsächlich nicht an, dass sich Zeitungsleser ihres Verstandes ohne Anleitung eines anderen bedienen und das Evidente sehen, nämlich dass im Fall des Peter Pilz keine höhere Gerechtigkeit geübt wurde, sondern niedrige politische Beweggründe für die Durchstecherei ursächlich sind.

Für den Verfasser dieser Zeilen liegt klar vor Augen, wohin der Stalinismus der Kulturlinken führt: Trump wird acht Jahre lang in Amerika regieren, die AfD wird bei der nächsten Bundestagswahl 20 + x Prozent erhalten und der Rechtsruck wird im nördlichen Westeuropa (von Osteuropa ganz zu schweigen) zur gewohnten politischen Fahrtrichtung werden. Nicht Europa schafft sich ab, sondern dessen Eliten.

Noricus

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