23. April 2018

Antisemitismus. Nein! Doch! Oh!

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Ja, in der letzten Woche kam er mal wieder ganz überraschend vorbei: Antisemitismus vulgaris. In Gestalt eines Auftritts in Berlin, wo ein syrischer Flüchtling (neudeutsch "Geflüchteter") meinte einem Mitbürger, den er fälschlicherweise aufgrund seiner Kippa für einen Juden hielt, seinen Gürtel und dessen Eigenschaften als Nahkampfwaffe zu demonstrieren. Um erst gar kein Mißverständis entstehen zu lassen aus welchem Grund es zu dieser Demonstration kam, rief er während seiner Vorführung auch permanent das Wort Yahudi, was wohl auf arabisch Jude bedeutet und auf Berliner Straßen inzwischen recht häufig als Beleidigung verwendet wird.


Soweit, so gewöhnlich. Antisemitische Straftaten sind in Deutschland schon lange keine Seltenheit mehr, es werden etwa anderthalbtausend im Jahr offiziell angezeigt, real dürften da noch ein paar Faktoren drauf kommen, denn wer stellt schon eine Strafanzeige weil jemand ihm auf der Straße etwas nachbrüllt? Insbesondere wenn man die Straße auch in den Folgewochen noch entlang gehen möchte.
Was vielleicht nicht ganz so gewöhnlich war, dass es diesmal ein Video von dem Vorfall gab (sowas passiert halt auch schon mal, wenn auch nicht so häufig). Und das Video lässt eigentlich keine Fragen offen, da gibt es wenig zu diskutieren oder zu relativieren. Sollte man meinen, doch dazu gleich.

Zunächst mal drehte das Video die übliche Runde durch die sozialen Medien, aber auch gleich durch die Zeitungen. Oder anders gesagt: Diesmal ging es schneller. Und deutlicher. Es ging so deutlich und schnell, dass sich auch die Politik genötigt sieht ihren Senf dazu zu geben. Und auf der nach unten offenen Betroffenheitsskala möchte ich zwei Beiträge herausgreifen, die leider recht typisch für die Debatte in Deutschland sind.

Der erste Beitrag gleich ganz von oben. Angela Merkel, Kanzlerin von allen die schon länger hier leben und der, die das noch nicht so lange tun, lies verkünden, dass es sich um einen schrecklichen Vorfall handele und das es sowohl unter deutschen Staatsbürgern als auch unter arabischstämmigen Antisemitismus gäbe. Davon mal abgesehen, dass das keine Gegenpole sind (denn der Stamm eines Menschen sagt ja noch nichts über seine Staatsbürgerschaft aus), ist das wieder so eine typische Merkel-Relativierung. In dem Video ist eineindeutig zu sehen aus welcher Quelle der Antisemitismus hier kommt. Der Mann ist einer von Merkels Gästen, die sich vor vorgeblichen Verfolgung nach Deutschland flüchteten. Ein Flüchtling vor Gewalt & Terror. Und der genau das gerne ausüben möchte. Natürlich gibt es in Deutschland auch stumpfe Nazis, die in vierzigster Generation deutsche Vorfahren haben und dem dritten Reich nachtrauen. Gibt es. Wenn auch die natürliche Zuchtauswahl sie auf ein Minium beschränkt. Aber um die geht es in diesem Video nicht. Die sind nicht Teil dieses Videos. Dieses Video zeigt ein Problem auf, das Angela Merkel höchstpersönlich importiert hat. Das ist eine direkte Folge ihrer Politik. Nichts anderes.
(Den Seitenhieb auf Merkel, die im Bundestag in einem mehr oder minder lustigen Versprecher erklärte Antisemitismus sei unsere staatliche und bürgerliche Pflicht, spare ich mir. Bezeichnend eher wie ruhig sich ihre Fraktion ("Klatscher und Jasager") dabei verhält und immernoch brav klatscht.)

Der zweite Beitrag dann von ihrer Genossin Swasan Chebli, die zwar auch sonst nicht unbedingt mit besonders tiefsinnigen Gedanken glänzt, aber das auch gerne ab und zu zu unterbieten sucht. Sie verkündete, dass es uns allen Sorgen machen müsse, wenn Juden sich in Deutschland nicht mehr sicher fühlten. Um dann im nächsten Satz Horst Seehofer für seinen "Islam-gehört-nicht-zu-Deutschland" Satz zu geißeln und sich über Debatten zu beschweren, die auf dem Rücken von Muslimen ausgetragen werden. Wenn jemand mal eine schöne Definition für den Begriff Ablenkung sucht, dann hat er hier ein schönes Beispiel gefunden.

Antisemitismus ist tatsächlich ein wachsendes Problem in Deutschland. Ein gewaltig wachsendes. Juden verstecken zunehmend ihre Identität in der Öffentlichkeit, Synagogen werden von Polizeiwagen bewacht und inzwischen bringen jüdische Eltern ihren Kindern bei ihre Identität nicht mehr offen zu zeigen und auszuleben. Das ist erst einmal eine Zustandsbeschreibung ohne Ursachen, denn über die kann man natürlich streiten. Ich erlaube mir trotzdem zwei auszumachen:

Wenn man mehr als eine Million Menschen aus einem Landstrich importiert, in dem Antisemitismus so selbstverständlich ist wie in Deutschland das Bier zum Fußbalspiel, der wundert sich ernsthaft darüber, dass man ein zunehmendes Problem auf den eigenen Straßen bekommt? Glaubt eine Frau Bundekanzler ernsthaft, das Übertreten der deutschen Grenze liesse einen jahrzehntelang kultivierten Haß mal eben zurück? Syrien hat mehrere Kriege mit Israel geführt, es versucht zu überfallen und zu vernichten. Und das nicht vor 500 sondern vor kaum ein paar Jahren. Wir haben ein gewaltiges Problem importiert, daran führt kein Weg vorbei. Aber die Frau Bundeskanzler steht ja immernoch da und verkündert sie wisse nicht, was sie hätte anders machen sollen. Und ihre Partei klatscht.

Das zweite Problem besteht darin, dass der Kampf gegen Antisemitismus und das Existenzrecht der Juden oder Israels eben nicht, wie vielfach falsch behauptet, Teil der deutschen Staatsräson ist. Das war mal so. Heute gehört das Lippenbekenntnis(!) gegen Antisemitismus zur deutschen Staatsräson und nicht ein Fitzelchen mehr. Angela Merkels Gerede ist genau das, Gerede, es hat keinerlei, ja wirklich Null, Konsequenzen. Wäre es wirklich Teil der Staatsräson, dann müsste man politisch die Frage stellen, warum kein Gesetz existiert das genau diesen "Flüchtling" außer Landes schafft. Und zwar für immer. Und wenn ein solches Gesetz nicht existiert, warum man keines macht. Warum man mit Verbänden und Ländern zusammenarbeitet, die ihren Antisemitismus offen leben und nicht mal ein Geheimnis daraus machen. Aber das wird Angela Merkel nicht tun. Denn das Lippenkenntnis reicht ihr vollkommen aus. Sawsan Chebli ist noch extremer in dieser Beziehung, sie schwätzt daher wie schlimm das alles sei, um direkt im nächsten Satz wieder die Opferrolle der Muslime zu betonen. Genau die Opferrolle, die zentrales und feuerndes Element des Antisemitismus ist, der dem Islam so tief inne wohnt. Statt auf die Idee zu kommen, dass wenn nahezu alle muslimischen Länder zutiefst antisemitisch sind, dass wenn Imame zuhauf Hass gegen Juden und Israel predigen, wenn es weltweit Anschläge gegen jüdische Einrichtungen von Menschen gibt, die sich dem Islam verschrieben haben, der Islam selber ein Problem haben könnte, auf die Idee kommt sie nicht. Das Lippenbekenntnis ist einfacher. Es kostet genau gar nichts.

Wer wirklich ein Problem mit Antisemitismus hat, der muss handeln, nicht reden. In Deutschland haben wir, mit zunehmender Distanz zum dritten Reich, an allen Ecken und Enden sich selbst erklärende Widerstandskämpfer, die, hätten sie nicht den "Fluch der späten Geburt" erleben müssen, sich mit ihrem Leben und all ihrer Kraft gegen die Nazis gestellt hätten. Die mit Sophie & Hans Scholl aufs Schafott gestiegen wären, die Faust zum Himmel und mit einem Lächeln im Gesicht. Genau die Leute, die heute betonen das Antismitismus etwas ganz, ganz furchtbares ist. 
Llarian

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