11. April 2018

Weg mit dem Dino

Nein, hier soll es nicht um Fußball gehen. Sondern um das aktuelle BVerfG-Urteil zur Grundsteuer. Nicht überraschend hat das Gericht festgestellt, daß die nach uralten Kriterien berechnete Steuereintreibung grundgesetzwidrig war.

Der Grund: Weil eine Überprüfung und Neubewertung aller Grundstücke in Deutschland zu kompliziert und aufwendig ist, haben die Finanzbehörden auf die eigentliche alle sechs Jahre fällige Aktualisierung einfach verzichtet. Und im Jahre 2018 immer noch die Grundstücks- und Gebäudewerte sowie die Einwohnerzahlen der Gemeinden aus dem Jahre 1933 (Osten) bzw. 1954 (Westen) für die Berechnung benutzt.

Seit Verkündung des Urteils überschlagen sich nun Politiker aller Parteien mit Vorschlägen, wie man das nun künftig regeln solle. Und dabei werden dann Verfahren vorgeschlagen, die noch komplizierter und aufwendiger sind als das bisherige. Bisher scheint kein Vorschlag aufgetaucht zu sein, der wirklich praktikabel und gerichtsfest sein würde.
Dann sollte man doch lieber mal die logische Alternative wählen: Die Grundsteuer einfach abzuschaffen.
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Die Grundsteuer ist der Dino unter den Steuerarten. Und ähnlich antiquiert wie die längst abgeschafften Varianten Bartsteuer, Fenstersteuer oder Jungfernsteuer.
Am Anfang des staatlichen Steuerwesens war es ziemlich schwierig, überhaupt eine Bemessungsgrundlage zu finden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Untertanen waren nicht erfaßt und mangels Buchhaltung diesen selber kaum bekannt. Grundstücke dagegen waren relativ leicht zu erfassen, sie veränderten sich nicht und sie konnten nicht weglaufen. Und deswegen gehörten sie zu den ersten Besteuerungsobjekten.

Heute sind diese Gründe weggefallen (ok, weglaufen können Grundstücke auch heute nicht). Flußgrößen wie Einkommen und Konsum werden periodengerecht und präzise erfaßt und können direkt in Steuern umgerechnet werden. Und die modernen Steuerarten erfüllen auch eine ganz wichtige moderne Grundbedingung: Sie berücksichtigen die Leistungsfähigkeit.
Wer doppelt so viel verdient im Monat wie sein Nachbar, der kann auch entsprechend mehr zur Staatsfinanzierung beitragen. Ein doppelt so großes Grundstück sagt dagegen über die Zahlungsfähigkeit fast nichts.

Und dann kommen eben noch die Erfassungsprobleme. Die Fläche der Grundstücke ist bekannt, aber der Wert nicht. Der ist sehr stark abhängig von der Umgebung, von der Infrastruktur, von der Bebauung und der noch möglichen Zusatzbebauung und natürlich von der Lage und der Konjunktur. Wobei es eigentlich "Gebäudesteuer" heißen müßte, weil das Gebäude viel stärker für die "Grundsteuer" zählt als das Gelände selber.
Selbst sehr erfahrene Makler und Sachverständige können den aktuellen Wert eines bebauten Grundstücks selten ohne hohe Fehlermarge (größer 10%) schätzen, den echten Wert erfährt man erst beim Verkauf - und das ist selten.
Keine derzeit diskutierte Methode kann den fairen Wert einer Immobilie gerichtsfest bestimmen. Die nächsten Klagen wäre programmiert und hätten gute Erfolgsaussichten.

Umgekehrt steht dem erheblichen Bürokratieaufwand ein eher mäßiges Ergebnis gegenüber. 11 Milliarden bringt die Grundsteuerr derzeit pro Jahr. Nicht unwichtig für die Kommunen, denen dieser Betrag zusteht, aber verglichen mit 760 Milliarden Gesamteinnahmen ist das fast eine Bagatellsteuer.
Und: Alleine die Steigerung der Steuereinnahmen 2018 gegenüber dem Vorjahr beträgt 30 Milliarden. Wenn der Bund also schlicht den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer etwas erhöhen würde, wäre die Grundsteuer komplett ausgeglichen und der Bund hätte immer noch reichlich Einnahmen.

Es ist daher völlig unsinnig aus reiner Gewohnheit an der Grundsteuer festzuhalten und irgendwelche neuen Modelle zu entwickeln. Eine schlichte Streichung des Dinos wäre vernünftig und machbar.

Ach ja: Ein Abstieg des HSV wäre auch gut für den deutschen Fußball.

R.A.

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